Geschichte

1985
Bereits vom Oktober 1985 fand mit der Göttinger Volksuni die erste Offene Uni statt. Die damals vielschichtigen linken Strömungen und diverse soziale Bewegungen sollten hier zusammen kommen — Ziel war es, Kontakt und Austausch zu ermöglichen und eine gemeinsame Basis zu erarbeiteten. Entsprechend vielschichtig waren die Themen angelegt: Von Frauenemanzipation, Arbeit, Neue Technologien, bis (über-)Leben, Gesellschaftstheorie und Kultur war alles dabei.
Das Projekt wurde gewissentlich geplant. In den Göttinger Nachrichten (GN — die damalige AStA-Zeitung) heißt es: „Gut ein halbes Jahr lang haben auf Einladung des AStA Initiativen und studentische Arbeitsgruppen, Gewerkschafter/innen und Selbsthilfegruppen, Professor/innen politische Organisationen und viele andere an ihrem Zustandekommen gearbeitet. Dabei geht es darum, die Uni sozusagen von unten in Besitz zu nehmen, andere Formen und Inhalte von Wissenschaft auszuprobieren und gleichberechtigte Diskussionen zwischen allem Beteiligten zu ermöglichen.“ (GN, Nr. 140, S. 1) Der AStA beklagte damals, dass: „politisches Desinteresse bei Student/innen und Wissenschaftler/innen — mitbedingt durch immer weiter verschärfte Studien- und Arbeitsbedingungen — (…) die Einordnung des eigenen Handelns in seinen gesellschaftlichen Rahmen (erschwert). Die Produktion ‚erfinderischer Zwerge‘ hat längst den Vorrang vor einer umfassenden und kritischen politisch-wissenschaftlichen Bildung“ (GN, Nr. 140 Seite 4).
Schon damals stand ein basisorientierter Ansatz im Mittelpunkt. So heißt es im Vorwort des Programmheftes: „die VOLKSUNI ist niemandes Sache allein: sie stellt einen Versuch dar, die in ihr enthaltene Vielfalt ohne Vorherrschaft einer Gruppe oder Partei erfahrbar zu machen.“ Die Beteiligung war entsprechend enorm.
Es war jedoch nicht bloß ein Zusammenkommen zur theoretischen Reflexion — soziale Konflikte wurden direkt mit der Volksuni selbst ausgetragen. Ein zentraler Kampf der damaligen Studierendenvertretung drehte sich um das Anrecht, ein politisches Mandat wahrnehmen zu können. Politische Veranstaltungen wollte die Uni jedoch verhindern — durch gezielte Raumverweigerung sollten den Veranstalter*innen Steine in den Weg gelegt werden. Eine solche Delegitimierung der Volksuni scheiterte jedoch am Widerstand der damaligen Teilnehmer*innen — die Volksuni wurde gegen solcherlei Eingriffe dennoch durchgesetzt.

1997
1997 wurde die Idee unter dem Label „48 Stunden Uni Wir können auch anders“ wieder aufgegriffen. Die Initiative stammte diesmal aus einem Unistreik des vorausgegangenen Sommersemesters. Wieder sollte ein breites Themenspektrum abgedeckt und ein Zugang zu Wissen für alle ermöglicht werden.

1998, 1999, 2001
Das erfolgreiche Konzept wurde in den folgenden Jahren immer wieder aufgegriffen und unter verschiedenen Mottos wiederholt: „Stadt Uni statt Uni“ (1998), „Uni against the machine“ (1999), „wer anderen eine Uni baut“ (2001)

2000
2000, nachdem der linke AStA für ein Jahr abgewählt wurde, fand die erste und einzige 48-Stunden-Uni statt, die von einem AStA organisiert wurde, der nicht in dieser Tradition stand. Die Veranstaltung wurde von allen politischen Inhalten bereinigt und auf ein Event mit „Frühstücksbrettchen sägen“ und „Moorhuhn-Turnier“ reduziert. Kaum jemand fühlte sich von der Einladung angesprochen, die Veranstaltung floppte.

2005
2005, nachdem Göttingen drei Jahre lang keinen linken AStA — und auch keine 48-Stunden-Uni — mehr gesehen hatte, begannen die Vorbereitungen für die erste 48-Stunden-Uni ohne AStA-Beteiligung. Wie schon 1997 waren es studentische Proteste, die die Initialzündung für die Planung gaben. An der sozialwissenschaftlichen Fakultät protestierten viele Studierende gegen geplante Kürzungen — drei Fächer (Sport, Politik, Pädagogik) sollten ursprünglich dem Rotstift völlig zum Opfer fallen. Die 48-Stunden Uni, die damals mit enorm knappen finanziellen Ressourcen aus dem Boden gestampft wurde — der AStA hatte ebensowenig Interesse an der 48-Stunden-Uni, wie an den Protesten der Studierenden —, füllte das Sozio-Oeconomicum für drei Tage bis auf den letzten Sitz- und Stehplatz. Sie konnte damals als ein wesentlicher Höhepunkt der Proteste angesehen werden — nicht nur beteiligten sich so viele Studierende wie lang nicht mehr an einem solchen Projekt. Die Diskussionen um Formen des Protests, um Strategien und Organisationsformen ermutigten viele SoWi-Studierende, die bisher passiv geblieben waren, sich an den Protesten zu beteiligen.

2007
2007 wurde ein weiteres mal eine Offene Uni geplant, diesmal unter dem Namen Open_Uni. Wieder musste die Organisation ohne die Strukturen des AStA getragen werden und unter prekären Bedingungen stattfinden. Die Durchführung scheiterte aber letzten Endes daran, dass kein Raum gefunden werden konnte: Die Open_Uni sollte diesmal im Theologicum stattfinden — die Theologische Fakultät sagte jedoch nach wochenlanger Unklarheit zu später Stunde ab. Das Oeconomicum stand als Ausweichmöglichkeit nicht zur Verfügung — durch einen Brand war es geschlossen und wurde renoviert. Andere Räume konnten so kurzfristig nicht mehr aufgetrieben werden.

2011-2013
Von 2011 bis 2013 veranstaltete der Göttinger AStA wieder regelmäßig eine offene Uni — jetzt unter dem Label OpenUni. Mit dem Verfügungsgebäude konnte wieder ein geeigneter Raum gefunden werden, auch wenn die sterile Seminarraumatmosphäre, das Fehlen von dauerhaften Freiräumen im Gebäude sowie die abgelegene Lage auf dem Zentralcampus das VG nicht zu einem idealen Ort machen. 2013 fanden gar zwei OpenUnis statt, eine im Sommer bei bestem Wetter, und die zweite zur gewohnten Zeit Anfang November.

2014
2014 versuchte sich der rechte, Verbinder- und Burschi-durchsetzte ADF-RCDS-UM-AStA an einer OpenUni. Alles wurde geändert — Texte, Logos, Slogans, Anspruch, Verfahren. So konnten erstmals nicht alle (nicht irgendwie rassistisch, sexistisch oder sonst wie menschenverachtende) Veranstaltungen angeboten werden. Vielmehr nahm sich der AStA ein Redaktionsrecht heraus, und stellte früh endende Anmeldefristen. Die allermeisten (linken) Gruppen verweigerten die Zusammenarbeit, und so floppte die OpenUni — nur eine handvoll Veranstaltungen wurden nicht von AStA-Referent*innen selbst angeboten.

2015
So verwundert es nicht, dass der diesjährige ADF-RCDS-AStA die Finger von der OpenUni lassen möchte. Daher ist es nun an uns selbst, eine OpenUni zu organisieren. Wir, dass sind alle, die Lust haben, eine OpenUni mit emanzipatorischen Anspruch als großen Freiraum zu organisieren. Hast auch du Lust? Dann hilf mit!